Grünes Ja zum Haushalt 2020-2021

Jürgen Hachmeister Bündnis 90/DIE GRÜNEN:  Haushaltsrede am 20.02.2020 
Es gilt das gesprochene Wort

„Erstmalig verabschieden wir heute einen Doppelhaushalt. Ob der neu gewählte Rat oder unerwartete Ereignisse Veränderungen an den Ausgaben nötig machen, bleibt abzuwarten. Leopoldshöhe hat im vorliegenden Planungszeitraum weiterhin keinen ausgeglichenen Haushalt.

Da die „großen Investitionen“ im KGL (Kommunales Gebäudemanagement Leopoldshöhe) bzw. der LIL (Leopoldshöher Immobilien- und Liegenschaftsverwaltung) gestemmt werden, werden sie in den jährlichen Wirtschaftsplänen der Werke (eigenbetriebsähnliche Einrichtungen, siehe Ortsrecht) dargestellt. Hier können Veränderungen gut und schnell angepasst werden.

Die nächsten Jahre sind geprägt durch die Digitalisierung. Zu nennen wäre hier der Breitbandausbau, Digitalisierung der Grundschulen und der Felix-Fechenbach-Gesamtschule sowie der Verwaltung.

Auch müssen die Grundschule Nord und die Felix-Fechenbach-Gesamtschule mehr Räumlichkeiten bekommen. Hierbei begrüßen wir den erzielten Kompromiss. Er lautet, Maßnahmen im Bestand durchzuführen und keine Container aufzustellen, die erheblich teurer wären. Diese beschriebenen Maßnahmen unterstützen wir ausdrücklich. Auch den städtebaulichen Wettbewerb zum Baugebiet Brunsheide sehen wir positiv.

Wir bedauern, dass der HFA  (Haupt- und Finanzausschuss) unserer Forderung nach je 10.000 € für 2022 und 2023 für die Umrüstung der Flutlichtanlagen auf zielgerichtete LED-Strahler nicht gefolgt ist. Auch die Einstellung von 80.000 € bei einer 80%-Förderung (Eigenanteil 16.000€) in 2022 für einen Amphibientunnel an der Grester Straße wurde nicht gefolgt. Dieses Ziel werden wir weiter verfolgen.

Schade finden wir, dass die Verwaltung gegen unseren Antrag,  die Energie-Verbrauchszahlen für Sommer und Winter in den gemeindeeigenen Immobilien nachzuhalten,  mit fehlenden Ressourcen argumentiert und auf eine „große Lösung“ setzt. Diese Argumentationen kennen wir schon seit 2018 und sie hat sich bis heute nicht geändert!
Hier wünschen wir uns ein Umdenken und eine Einplanung von Personalressourcen für die kommenden Aufgaben im Rahmen der zukünftig notwendigen Klimaschutzmaßnahmen. Für diese Aufgaben müsste der Bürgermeister entsprechende Umbesetzungen, keine neuen Stellen, durchführen.

Dem Stellenplan werde ich persönlich nicht zustimmen. Ich werde mich enthalten. Die Verwaltung scheint aus meiner Sicht an einigen Stellen nicht richtig besetzt zu sein. Es obliegt hier aber dem Bürgermeister, dieses zu korrigieren.

Nach Abwägung aller Punkte werden die Grünen dem Haushaltsentwurf und den Wirtschaftsplänen der LIL, der KGL, des Wasserwerkes und des Abwasserwerkes
zustimmen.“

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Entwurf Haushaltsplan 2020-2021

Der Haushaltsentwurf 2020-2021 umfasst 527 Seiten. Wer sich nicht durch dieses Werk kämpfen möchte, kann den nachfolgenden Text lesen. Er wurde der öffentlichen Niederschrift der Ratssitzung am 12.12.2019 entnommen. Die Hervorhebungen habe ich gemacht, damit der Text besser zu lesen ist. (Birgit Kampmann)

Uwe Aust, Kämmerer: Haushaltsplan 2020/2021 und Wirtschaftspläne 2020. Einbringung in den Rat am 12.12.2019

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

Ich lege Ihnen einen ausgeglichenen Haushalt 2020 vor, obwohl ursprünglich von einem Defizit ausgegangen wurde. Ist auf einmal alles viel besser und Sie können sich jetzt beruhigt zurücklehnen? Nein, leider nicht! Denn das Ergebnis täuscht auf dem ersten Blick über die finanziellen Rahmenbedingungen hinweg. Aber es lohnt sich, einen zweiten Blick auf die kommenden Jahre zu werfen.

Tatsächlich gibt es einige positive Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Planung. Jedoch handelt es sich vielfach um Einmaleffekte. Da ist z. B. die bislang nicht eingeplante hälftige Integrationspauschale 2019. Oder die zu erwartende Erhöhung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer sowie eine höhere Schlüsselzuweisung. Die Sockelkreisumlage steigt zwar, allerdings punktgenau im erwarteten Rahmen.

Doch nach jetzigem Stand überwiegen die negativen Tendenzen. Die Gewerbesteuer und der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer werden sehr deutlich nach unten korrigiert.

Im Orientierungsdatenerlass des Landes wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Entwicklung der Steuereinnahmen mit Unsicherheiten behaftet sei und gegenwärtig die Abwärtsrisiken überwiegen würden. Auch die Ergebnisse der Herbst-Steuerschätzung liegen unter den Prognosen aus dem Vorjahr. Die Jugendamtsumlage steigt viel stärker an und die erhofften zusätzlichen Landeszuweisungen durch die KiBiz-Reform können wohl die reformbedingten Mehrkosten nicht auffangen. Die Gemeinden beteiligen sich nicht nur an der Finanzierung des zweiten beitragsfreien Kindergartenjahres, sondern sind auch künftig mit Sozialausgaben auf einem hohen Niveau konfrontiert. Und neue Belastungen ziehen bereits am Horizont auf. Die Finanzierung der flüchtlingsbezogenen Kosten ist aus Sicht der kommunalen Familie immer noch nicht ausreichend. Der Bund kürzt die Integrationspauschale, aber der Landeshaushaltsentwurf sieht erst gar nicht eine Weiterleitung vor. Hinzu kommen neue Aufwendungen und Kostensteigerungen, die sich aus der Aufgabenvielfalt ergeben.

Darum ist der Kernhaushalt bei allen weiteren Risiken und optimistischen Hoffnungen strukturell nicht ausgeglichen. Um den fiktiven Ausgleich zu erreichen, nehmen wir die Ausgleichsrücklage aus 2017 zu knapp Zweidrittel in Anspruch.

Und die Folgejahre sehen nicht viel rosiger aus.

Die Hauptursache liegt in der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen. Es ist zwar positiv, wenn sich Bund und Land an bestimmten Aufgaben finanziell beteiligen. Allerdings sind die Folgeaufwendungen in der Regel von den Städten und Gemeinden ohne eine Gegenfinanzierung aufzubringen.

Ich möchte dies am Beispiel des „DigitalPakt Schule“ verdeutlichen. Auf Basis eines Medienentwicklungsplanes würde bei einem Vollausbau schnell eine Investitionssumme von 1 Mio. € überschritten. Ersatzbeschaffungen, Unterhaltung und zusätzlicher Support gehen in der Folge voll zu unseren Lasten und würden jährliche Haushaltsbelastungen von rund 200 T€ auslösen. Dies kann mit dem „DigitalPakt“ nicht annähernd gegenfinanziert werden. Hier müssen Schulen und Schulträger eng zusammenarbeiten, um bedarfsgerechte und finanzierbare Lösungen zu erreichen.

Auf uns kommen viele neue Herausforderungen zu, vor allem im Schulbereich. Die Finanzierung und Unterhaltung des zweiten Erweiterungsbaus an der Felix-Fechenbach-Gesamtschule wird erhebliche Kosten verursachen und Mittel binden. Damit wird der Transfer zugunsten des Kommunalen Gebäudemanagements weiter ansteigen. An diesem Beispiel zeigt sich, dass Investitionsentscheidungen sehr gut vorbereitet und überlegt werden müssen. Denn bei Investitionen geht es nicht nur um die reine Beschaffung von Geld, das wegen der niedrigen Zinsen vermeintlich „billig“ ist, sondern sie ziehen erhebliche laufende Aufwendungen für Abschreibungen, Unterhaltung und Bewirtschaftung nach sich. Neben der negativen Auswirkung auf das Jahresergebnis müssen Rechnungen bezahlt und Tilgungen bedient werden. Dies setzt voraus, dass Kernhaushalt und Betriebe ausreichend liquide Mittel erwirtschaften, um ihren Verpflichtungen nachzukommen und auf Dauer Schulden abbauen zu können.

Im Ergebnis muss aus Sicht der Kommunen der Verbundsatz für die Schlüsselzuweisungen im Gemeindefinanzierungsgesetz wieder deutlich erhöht werden. Nur so sind die Kommunen in der Lage, zusammen mit ihren eigenen Mitteln über ausreichende Spielräume zu verfügen, um die notwendigen Aufgaben zu finanzieren, aber auch freiwillige Leistungen zu erbringen. Und zwar, ohne dass die kurzfristige Verschuldung ansteigt, sondern vielmehr Kassenkredite zurückgeführt werden können.

Wir wollen diese Schwierigkeiten nicht unter den Teppich kehren. Doch genauso sollte man die Chancen der Gemeinde nicht unter den Tisch fallen lassen. Nach den Prognosen von IT.NRW gehört Leopoldshöhe zu den Wachstumskommunen. Unsere Gemeinde verfügt über eine gute Infrastruktur und hält für alle Bevölkerungsgruppen vielfältige und attraktive Angebote bereit. Sie ist als Wohn- und Wirtschaftsstandort beliebt, wie die vielen Anfragen nach Bauland und geringe Leerstände zeigen.

Dies bringt neue Herausforderungen mit sich, doch die Gefahren eines erheblichen Bevölkerungsrückgangs erscheinen wesentlich höher. Im Vorfeld von wichtigen Projekten blicken wir über den Tellerrand hinweg, um mögliche Fördergelder einzuwerben. So z. B. bei der Umgestaltung des Sportzentrums Nord oder bei der Einbindung des multifunktionalen Erweiterungsbaus in einen weiterentwickelten Bildungscampus. Über innovative Entwicklungen der Baugebiete im Stadt-Land-Umfeld können sich weitere interessante Türen öffnen.

Und die Haushaltskonsolidierung? Sie ist nicht ein „notwendiges Übel“, sondern bietet Chancen. Die Ressourcen sind nun mal begrenzt und nicht alles Wünschenswerte ist umsetzbar.

Daher müssen bei allen in die Zukunft gerichteten und bedarfsorientierten Entscheidungen Fragen zu Ausstattungsstandards,must have“ oder „nice to have“, zur Finanzierung sowie den Folgekosten genau betrachtet werden. Eine ausgewogene Haushaltspolitik sorgt dafür, dass die Gemeinde nicht in die Haushaltssicherung gerät und ihr genügend Spielräume verbleiben. Dabei müssen soziale, ökologische, aber auch fiskalische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Hierfür braucht es Mut und Willen, sich auf Ziele, Schwerpunkte und Prioritäten festzulegen, „das eine“ zu machen, dafür „das andere“ auch mal sein zu lassen.

Dies wird der erste Doppelhaushalt der Gemeinde. Der Rat hat aber weiterhin über den Nachtragsplan die Gestaltungsmöglichkeiten, um sein Budgetrecht auszuüben. Die Wirtschaftspläne der Betriebe, in denen die eigentliche investive „Musik“ spielt, werden unabhängig davon jährlich verabschiedet.

Ich bedanke mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen von der Verwaltung, den Betrieben und meinem Fachbereich für die Zusammenarbeit beim Aufstellen dieses Haushalts! Die Pläne mit einem ausführlichen Vorbericht werden Ihnen vor Weihnachten im Internet zur Verfügung stehen.

Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern gut auf sie vorbereitet zu sein.“ (Perikles, 5. Jahrhundert v. Chr.)

ich wünsche uns in diesem Sinne eine konstruktive Haushaltsberatung, die sowohl die Rahmenbedingungen, als auch eine zielgerichtete Ausrichtung im Blick behält. Dann werden wir mit dem Haushalt 2020/2021 erfolgreich für ein attraktives und lebendiges Leopoldshöhe arbeiten können!