Straßensanierung in Leopoldshöhe 19. November 2014 Seit mehr als einem Jahr beschäftigt sich der Ausschuss für Straße, Plätze und Verkehr mit dem Thema Straßensanierung. Denn: Viele unserer Siedlungsstraßen sind in den 1960er und 1970er Jahren entstanden, also mittlerweile 40 bis 50 Jahre alt. Entsprechend ist der Zustand – und der Handlungsbedarf. In dem Zusammenhang waren etliche Punkte zu klären: 1. Wie soll bei der Planung der Straßensanierung vorgegangen werden? 2. In welchem Umfang werden die Anlieger an den Kosten beteiligt? 3. Welche Straße kommt wann dran? 1. Vorgehensweise bei der Straßensanierung Wir Grünen stellten zum Ablauf einen Antrag, dass die BürgerInnen/HausbesitzerInnen früher als bisher üblich über die Maßnahme informiert werden und eine umfassendere Beteiligungsmöglichkeit bekommen. Im Ergebnis der Diskussion im Ausschuss wurde ein noch weiter gefasster Beschluss gefasst: Bei Anliegerstraßensanierungen werden die BesitzerInnen jetzt drei Jahre vor dem Beginn der Maßnahme informiert. Es wird zu einer ersten Versammlung eingeladen, in der sie den Ausbau mit der Verwaltung besprechen. Die Verwaltung hat inzwischen ein Computerprogramm, mit der die zu erwartenden Kosten für verschiedene Ausbau-Varianten im Detail berechnet werden können (Grundlage für die Kostenberechnung sind die Kosten der letzten Aufträge). Ist der grobe Rahmen des Ausbaus klar, geht die Verwaltung an die konkrete Planung. Die Pläne werden dann in einer zweiten Versammlung vorgestellt; kleinere Veränderungen von Anwohnerseite können dabei noch eingebracht werden. Das Ergebnis dieser zweiten Versammlung wird anschließend dem Verkehrsausschuss als Plan vorgestellt, dort noch einmal besprochen und beschlossen. Wer mehr zum Ablauf der Planung wissen will: Die Vorgehensweise ist im Ratsinfosystem zu finden und noch um zwei Punkte ergänzt worden. 2. Anliegerbeiträge bei der Straßensanierung Es war schon immer so, dass die Grundstücksbesitzer bei einer grundlegenden Straßenerneuerung (Sanierung) einen Anteil an den Kosten tragen müssen. Neu in der Diskussion ist die Höhe der Beteiligung gewesen. Hier lässt das Kommunalabgabegesetz (KAG) einen Spielraum zwischen 50 Prozent und 80 Prozent. Bisher orientierte sich Leopoldshöhe am Minimum: Der Anteil betrug 50 Prozent. Da die Haushaltslage in Leopoldshöhe mehr als angespannt ist, gab es aber bereits seit einigen Jahren die Empfehlung der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) die Beiträge der Grundstücksbesitzer für Sanierungen nach dem Kommunalabgabegesetz (KAG) zu erhöhen. Der Vorschlag der Verwaltung lautete den Beitrag auf 80 Prozent zu erhöhen. Richtig ist: Wenn wir ernst machen wollen damit, das Straßennetz in gutem Zustand zu erhalten, reicht der alte Beitragssatz nicht aus. Aber gleich auf 80 Prozent zu erhöhen, das fanden wir Grünen aber zu heftig. Wir Grüne brachten deshalb den Vorschlag ein, die Erhöhung auf 70 Prozent zu begrenzen. Diesem Vorschlag folgten SPD und CDU. Die neuen Beitragssätze von 70 Prozent (für reine Wohnstraßen, für Hauptstraßen gelten andere Sätze) sind jetzt beschlossen. Sie gelten für alle Maßnahmen, die ab jetzt angefangen werden. 3. Festlegung der zu sanierenden Straßen Das Bauamt der Verwaltung hat hierzu eine Liste der Straßen inklusive Terminvorschlag für die Sanierung erstellt: siehe Grafik Prioritäten-Liste KAG-Maßnahmen oder Download als PDF-Datei Liste Strassensanierung Diese Vorschlagsliste, die sich über die Jahre 2016 bis 2020 erstreckt, ist so aber noch nicht beschlossen. Denn erstens gibt es bei den Straßen mit privaten Entwässerungskanälen (Regenwasser) noch viel Klärungsbedarf. Wer mehr zur Frage der privaten Regenwasserkanäle wissen will: Weiteres dazu, u.a. eine Stellungnahme der Verwaltung auf eine Anfrage von uns dazu, findet Infos unter dem folgenden Kapitel „Mehr zu privaten Kanälen“. Und zweitens ist uns bei der Auswertung der Liste aufgefallen, dass an den Straßen in der Vergangenheit in sehr unterschiedlichem Umfang Reparaturmaßnahmen vorgenommen wurden. In manchen Straßen wurde mehrfach die Oberfläche saniert, in anderen wurden nur ab und zu die Löcher geflickt. Das ist unser Auffassung nach ungerecht. Deshalb haben wir in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses beantragt, dass Gemeindestraßen, die nach KAG saniert werden sollen und für die Anlieger einen Anteil bezahlen müssen, mindestens einmal vor einer Komplett-Sanierung eine Oberflächenherstellung erhalten. Voraussetzung ist, dass eine solche Oberflächensanierung technisch machbar ist. Von den Kosten her müsste das mit dem, was die Gemeinde bei einer Komplettsanierung als ihren Anteil tragen würde, zu machen sein. Diese Straßen werden dann zwar keine 50 bis 60 Jahre wie bei einer Komplettsanierung, aber auch wieder 15 bis 20 Jahre halten. Unser Antrag wird derzeit von der SPD und CDU beraten. Wir hoffen, dass wir auch hier zu einer vernünftigen Lösung kommen. Wir meinen: Wir brauchen eine systematische, kontinuierliche Erneuerung unseres Straßennetzes. Aber sie sollte nach klaren Regeln erfolgen und die BürgerInnen müssen ein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung haben. 4. Mehr zu privaten Kanälen Privatkanäle sollen nach Möglichkeit durch öffentliche Kanäle abgelöst werden. Damit ist die regelmäßige Wartung gegeben und Haftungsfragen sind geklärt – was bei Privatkanälen oft nicht richtig geregelt ist bisher. Insofern kann das eine sinnvolle Maßnahme sein, vor allem dann, wenn die Straße sowieso neu gemacht wird. Wird ein öffentlicher Kanal neu verlegt, dann ist das in der Regel verbunden mit dem Zwang, an die neue Kanalisation anzuschließen. Entsprechende (Um-)Baumaßnahmen sind bei den Hausanschlüssen zu tätigen: Ein Kontrollschacht wird notwendig, u.U. muss das Regenwasser in eine andere Richtung als bisher abgeleitet werden etc., es ist eine Anschlussgebühr zu entrichten und nach dem Anschluss werden die normalen Abwassergebühren fällig. Der öffentliche Kanal selbst wird von der Gemeinde bezahlt, aber die Um- und Neubauten auf dem Privatgelände trägt der Eigentümer. Wir wollten von der Verwaltung wissen: Darf die Gemeinde Ausnahmen vom Anschlusszwang machen? Dazu kursierten verschiedene Auffassungen. Aus der Antwort geht hervor, dass dies in bestimmten Fällen möglich ist. Eine für uns erstaunliche Auskunft, denn bisher wurde dies von der Verwaltung strikt verneint. Zur Kanalsituation in den konkret auch zur Straßensanierung anstehenden Straßen „Am Wellenholz“ und „Berkenbruch“ hat die Verwaltung ebenfalls Stellung bezogen. Details sind den nachfolgenden Auszügen zu entnehmen. Auszug aus der Verwaltungsantwort Anschluss- und Benutzungszwang / gem. § 9 Abwasserbeseitigungssatzung – hier: Ausnahmen vom A+B-Zwang gem § 9 Abs.5 Die von Ihnen angesprochenen Ausnahmen vom A + B – Zwang regeln primär folgende Konstellationen: a.) Kein Kanal vorhanden oder erreichbar Die Gemeinde ist grundsätzlich abwasserbeseitigungspflichtig. Im Außenbereich (Beispiel Triftweg) liegen tlw. keine Kanäle (gilt für Regen- und Schmutzwasser). In diesen Fällen beantragt die Gemeinde bei der Unteren Wasserbehörde (Kreis Lippe) die Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht. Auf diesen Antrag hin erteilt der Kreis der Gemeinde – sofern alle Voraussetzungen vorliegen – die Befreiung und überträgt die Pflicht auf den Eigentümer (§ 53 Abs. 3a Satz) Mögliche Gründe sind also: – technische Schwierigkeiten – zu hohe Kosten (über 25.000 Euro/Haus) Beispiele dafür sind: Neubauzeile „Am Mühlenbach“. Die südlichen Haushälften konnten nicht im freien Gefälle an den Regenkanal anschließen =technische Schwierigkeit= Befreiung b.) Regenwassernutzung durch vorhandene Anschlüsse § 53 Abs. 3a, Satz 2 betrifft vorhandene Anschlüsse, die geändert (z.B. Regenwassernutzungsanlage o.ä.) werden sollen. Hier wird in der Literatur immer darauf hingewiesen, dass es zu haftungsrechtlichen Risiken führen kann. Grundsätzlich kann die Gemeinde aber (wie in Leopoldshöhe üblich) es zulassen, dass das Regenwasser für WC oder Waschmaschine genutzt oder für Gartenbewässerung verbraucht wird. Über die Berechnung gibt es Regularien. Zudem wird z.B. bei Sägewerken gerne Regenwasser für die Holztrocknung genommen. Auch dies wird seitens der Betriebsleitung als Ausnahme vom A+B Zwang akzeptiert. c.) Versickerung auf dem Grundstück/Einleitung ins Gewässer Es wurde gerichtlich mehrfach bestätigt, dass die Reihenfolge im LWG keine Rangfolge ist, dass vielmehr die Gemeinde über die Entwässerung entscheidet. Unter Berücksichtigung der lehmigen, nur unzureichend versickerungsfähigen Böden und den daraus resultierenden Vernässungsschäden (auch auf Nachbargrundstücken hat sich die Gemeinde 2006/2007 (nach entsprechender Änderung des Landeswassergesetzes) für den grundsätzlichen A+B-Zwang ausgesprochen. Ein Aspekt war dabei auch die Refinanzierung der Anlagen ohne übermäßige Belastung einzelner Eigentümer (Solidarprinzip). Es bestand in der Politik Einigkeit, Altfälle im Regelfall nicht „anzufassen“, es sei denn, dass dies im Einzelfall erforderlich wurde. Sofern im Zuge von Straßenbaumaßnahmen sog. Bürgermeisterkanäle ersetzt wurden, konnten unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls (Zustand der Kanäle??) Einzelfall-Lösungen gefunden werden. In einigen Straßen wurde z.B. den Anliegern, die auf ihre Kosten auch die Straßenentwässerung geschaffen hatten, der Anschluss nur angeboten. Auf den Zwang wurde verzichtet, allerdings mit dem Hinweis, dass im Hinblick auf den Zustand des alten Bürgermeisterkanals der Anschluss nicht allzu lange herausgezögert werden sollte. In diesen Fällen war der Anschlussbeitrag zwar fristgerecht fällig, die laufenden Gebühren aber erst nach körperlichem Anschluss. Auszug aus der Stellungsnahme der Verwaltung zu den Straßen Berkenbruch und Wellenholz Auswirkungen (nach neuester Untersuchung) a) In den Vorgärten südlich der Straße „Berkenbruch“ liegt ein ehemaliger „Bürgermeisterkanal“, seinerzeit für die Abläufe der Hauskläranlagen, sowie das Regenwasser gebaut. Die Rohre sind –soweit sie untersuchbar waren- in einem akzeptablen Zustand, die Muffen und die Stutzen sind soweit feststellbar fast durchweg marode. Die Anlage kann nach Auffassung der Betriebsleitung noch Jahre funktionieren, es kann aber auch jederzeit zu Einbrüchen kommen. b) In dem Rinnenbereich der Straße liegt ein Straßenentwässerungskanal des Gemeinde (nicht des Abwasserwerkes), der in den südl. Privatkanal mündet. Der Straßenkanal ist materialbedingt in einem deutlich schlechteren Zustand und wurde bereits einige Male repariert. c) Nördlich der Bebauung liegt ein weiterer „Bürgermeisterkanal“, seinerzeit für die Abläufe der Hauskläranlagen sowie das Regenwasser gebaut. Über den Zustand kann nichts gesagt werden, da er bislang nicht untersucht wurde. Grundsätzlich ist es auch zukünftig möglich, die Bürgermeisterkanäle privat zu betreiben. Voraussetzung ist allerdings eine einmütige vertragliche Regelung aller Anlieger, die zum einen die Durchleitungsrechte und zum anderen die Unterhaltungspflichten („wer organisiert und wer zahlt wieviel, wenn wo/was passiert“, also z.B. alle zu gleichen Teilen, wenn irgendwo etwas passiert ODER jeder im Bereich seines Grundstücks ODER jeder in Abhängigkeit von der genutzten Kanallänge …) regelt. Zudem muss ein Anlieger die Einleitungserlaubnis beantragen und die daraus resultierenden besonderen Verantwortlichkeiten übernehmen. Da eine Entlassung aus dem vg. A + B – Zwang im Gegenzug die jeweiligen Grundstückseigentümer allerdings auch vom Anschlussrecht– Recht freistellt ( vgl. § 5 Abwasserbeseitigungssatzung) können sich für den Fall von Meinungsverschiedenheiten z.B. beim Eigentümerwechsel etc. für die Beteiligten gewisse Risiken ergeben. Das Abwasserwerk empfiehlt aus den vg. Gründen den Neubau des Kanals in der Straße, ausgelegt sowohl für die Straße, als auch für die Anlieger. Der Anschluss- und Benutzungszwang muss dabei nicht umgesetzt werden, da eine pseudoöffentliche Entwässerung existiert. Den Anliegern wird aber die Möglichkeit gegeben, spätestens im Schadensfall an eine funktionierende öffentliche Entwässerung anschließen zu können, somit ist der Abwasserbeseitigungspflicht genüge getan. Dabei sind allerdings auch die nachfolgenden Punkte zu beachten: – Sofern das Abwasserwerk keine Einleitungserlaubnis hat, ist der Eigentümer des Grundstücks, von dem aus die Einleitung in das Gewässer erfolgt, für die Einleitung verantwortlich. – Der v.g. Kanalbau löst Anschlussbeiträge aus. Benutzungsgebühren fallen erst ab Anschlussdatum an. – Angesichts der Risiken für die Anlieger, die Gemeinde und das Abwasserwerk sollte der Kanalbau in absehbarer Zeit erfolgen, der Zeitpunkt kann nur eine rein politische Entscheidung sein, technisch ist der frühestmögliche Zeitpunkt der beste Zeitpunkt. – Denkbar wäre nach einem Kanalneubau eine baustraßenähnliche Oberflächenwiederherstellung. Diese wäre aber technisch und finanziell wenig sinnvoll. Die vg. Ausführungen treffen auf das „Wellenholz“ analog zu. Die untersuchten (Beton-)Kanäle sind hier allerdings sehr stark zerfressen. Wenngleich die Kanäle auch hier noch jahrelang halten können, ist ein partieller Zusammenbruch in nächster Zeit eher wahrscheinlich. Technisch und rechtlich ist ein kurzfristiger Neubau unbedingt zu empfehlen. Zusammenfassend sind unterschiedliche Lösungen der Abwasserbeseitigungsthematik in den vg. Straßen möglich. Die Risiken einer privaten Lösung, die sicherlich für die nächsten Jahre für die Anlieger die finanziell günstigste Lösung wäre, sind allerdings recht hoch, da –so die Erfahrung- mit den Jahren und durch Eigentumswechsel einvernehmliche Arbeiten/Lösungen immer unwahrscheinlicher werden. Der abschließende Rückbau der Anlagen kann dann ebenfalls auch zu Komplikationen zwischen den Anliegern führen. Bedingt durch die Finanzplanungszeiträume und unter Berücksichtigung des anstehenden Sanierungsprogrammes, sowohl für Straße und Kanal müssten sich die Anlieger dann auch darüber einig sein, dass die Gemeinde nur langfristig wieder in die Pflichten eintreten kann. Zu bedenken ist weiterhin, dass eine kaputte Straße u. U.noch längerfristig befahren werden kann, ein eingebrochener Kanal aber sofort Konsequenzen erfordert. Deshalb ist für die Anlieger zwischen langfristiger Sicherheit und kurzfristiger Ersparnis abzuwägen.