Kein Ökostrom für Leopoldshöhe: Überzeugende Argumente?

atomkohleCDU und SPD haben sich bei Ihrer strikten Ablehnung der Ausschreibung von Ökostrom vor allem auf vier Argumente des Ingenieurbüros switch.on gestützt: Ökostrom aus Bestandsanlagen bringe überhaupt nichts, die Nachfrage nach Ökostrom hätte keine nationale oder regionale Wirkung, Ökostrom aus Neuanlagen sei deutlich teurer und es sei vom Kosten-Nutzen-Verhältnis her besser, vor Ort (beispielsweise in eine neue Heizung in der Schule) zu investieren. Wir haben – wie versprochen – nachgeprüft, wie überzeugend diese Argumente sind.

Bringt Ökostrom aus Bestandsstrom wirklich nichts?

Ökostrom aus bestehenden Anlagen (beispielsweise Wasserkraft) wäre eine sehr kostengünstige Möglichkeit für die Gemeinde gewesen (je nach Ausschreibungsergebnis vielleicht sogar billiger als konventioneller). Das Ingenieurbüro meinte aber, das würde nur zu Umverteilungseffekten führen, weil das Angebot die Nachfrage erheblich übersteige und damit keinen Bau neuer Anlagen zur Folge habe (Folie 13*).

  • Das ist vielleicht anfangs und im Moment so. Aber gerade deshalb ist das doch zugleich auch ein triftiges Argument pro Bestands-Ökostrom: Die Nachfrage so zu erhöhen, dass sie endlich das Angebot übersteigt und damit den Bau neuer Anlagen erzwingt!

  • Außerdem ist es ein wichtiges politisches und energiewirtschaftliches Signal, auf diese Weise auch als Kommune (wie inzwischen schon 26% aller privaten Stromwechsler) deutlich zu machen: "Wir wollen keinen hochriskanten Atomstrom und wir wollen keinen Strom aus ineffizienten CO2-Schleudern (Kohlekraftwerken)!".

Bringt es nur dem Ausland was, wenn Leopoldshöhe Ökostrom bezieht?

Abgesehen von der merkwürdig protektionistisch-nationalistischen Argumentation, die Nachfrage nach Ökostrom fördere ja doch nur neue Anlagen im Ausland (Folien 13 und 18): Für den Klimaschutz ist es völlig egal, wo CO2 eingespart wird. Hauptsache es wird weniger emittiert! Und wer hindert deutsche Investoren denn daran, in Deutschland Ökostrom zu produzieren?

Ist Ökostrom aus Neuanlagen deutlich teurer?

switch.on geht von Mehrkosten von 1,5 bis 2,5 Cent pro Kilowattstunde für Ökostrom aus Neuanlagen aus (Folie 17). Das ist aber keinesfalls gesetzt – und ohne konkrete Ausschreibung auch kein zuverlässiges Argument. Wenn Sie sich auf dem Strommarkt umschauen, finden Sie längst Ökostromanbieter, die preislich problemlos mit den Anbietern von konventionellem Atom- und Kohlestrom mithalten können (Vergleichsmöglichkeiten bietet beispielsweise Verivox). Sonst hätten sich ja auch nicht so viele andere Kommunen und öffentliche Institutionen den Umstieg auf Ökostrom leisten können.

Wäre es effizienter, hier vor Ort zu investieren?

Das Beratungsbüro schlägt vor, statt (unterstellt: teureren) Ökostrom zu kaufen, besser in die Heizungsanlage der Schule zu investieren (Folie 19). Damit ließen sich pro Jahr 41,4 Tonnen CO2 einsparen, in 15 Jahren also 621 Tonnen (für einen Preis von 177,13 Euro pro Tonne bei Kosten von 110.000 Euro).

  • Wenn Leopoldshöhe die 1,6 Millionen kWh, die wir jährlich verbrauchen, aber als Ökostrom bezieht, dann können wir im gleichen Zeitraum sogar 14.304 Tonnen CO2 einsparen! Das ist mehr als 23 mal so viel! Und damit selbstverständlich im Kosten-Nutzen-Verhältnis weitaus günstiger, selbst wenn nach einer Ausschreibung Ökostrom etwas teurer ist.

[Berechnung: 1.600.000 x 0,596 kg CO2 (durchschnittlicher Ausstoß pro kWh im konventionellen Strommix; siehe Umweltbundesamt) = 953 Tonnen pro Jahr, in 15 Jahren also insgesamt 14.304 Tonnen.]

 

Fazit: Ökostrom kann von CDU und SPD nicht aus sachlichen Gründen abgelehnt worden sein

Die Ablehnung, Ökostrom wenigstens auszuschreiben, ist also nicht nur satzungs- und beschlusswidrig, sondern auch  in der Sache nicht nachvollziehbar und überzeugend begründet. Deshalb können eigentlich nur andere Überlegungen eine Rolle gespielt haben – über die wir hier aber lieber nicht spekulieren wollen.

Dass ernsthaftes Bemühen um wirksamen Klimaschutz dabei keine Rolle spielte, darüber müssen wir allerdings nicht spekulieren, denn das ist belegt: Sonst hätten SPD und CDU wenigstens das beim Ankauf von konventionellem Strom [möglicherweise] eingesparte Geld (wie vom Beratungsbüro vorgeschlagen) in zusätzliche lokale Energiesparmaßnahmen investiert. Auch wenn das viel weniger effizient und damit sinnvollerweise erst der (gleichermaßen wichtige und dringende) zweite Schritt nach dem Wechsel zu Ökostrom ist.


 * Wir beziehen uns auf die uns in Kopie vorliegende Präsentation von switch.on in der Ausschusssitzung.

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