Neue Windräder in Leopoldshöhe? 17. März 20139. Mai 2014 Wie stehen die Grünen dazu? Wir Grünen wollen die Energiewende, und das bedeutet, dass wir alle Möglichkeiten ernsthaft prüfen müssen, wie zusätzliche erneuerbare Energie erzeugt werden kann. Wir wollen die Energiewende auch nicht den großen Energieunternehmen wie Eon und RWE überlassen, die haben bei der Atomenergie zur Genüge bewiesen, wie gefährlich es ist, ihnen die Energie-Erzeugung zu überlassen. Wenn wir aber nur Windkraftparks auf dem Meer machen oder zentral im Nirgendwo, schaffen wir genau solche neuen Abhängigkeiten. Stattdessen wollen wir Grünen die Chance nutzen und Energieerzeugung viel de-zentraler gestalten, verteilt auf viele, gern auch mit Bürgerbeteiligung und mit kurzen Wegen dorthin, wo er gebraucht wird (brauchen wir dann noch die angeblich so notwendigen großen neuen Stromtrassen?). Deshalb: Ja, wir finden grundsätzlich, auch Leopoldshöhe sollte versuchen seinen Teil zu dieser Wende beizutragen. Und deshalb ist es gut, dass wir für unsere Gemeinde ein Windenergie-Gutachten haben erstellen lassen. Jetzt wissen wir wo wir stehen und was möglich ist. Um das Fazit vorwegzunehmen: Das Ergebnis ist ernüchternd. Aus den verschiedensten Gründen kommt so gut wie kein Fleck in Leopoldshöhe als Vorrangfläche für Windräder in Frage. Und das, obwohl der Gutachter bei seiner Suche nach eventuell geeigneten Flächen nur absolute Mindestabstände zugrunde gelegt hat. Übrig geblieben sind im Gutachten eine Fläche in Nienhagen, eine in Bexterhagen, eine im Windwehetal und die bereits vorhandene in Greste. Gegen die ersten drei sprechen Naturschutz- bzw. aktuell Artenschutzgründe (Bruten des Rotmilan in Nienhagen/Bexterhagen sind ein k.o.-Kriterium). Gegen alle vier spricht der mangelnde Abstand zur Wohnbebauung (Schutz vor Lärm und anderen Beeinträchtigungen). Die 300 Meter, die der Gutachter als Abstand zu Einzelhäusern definiert hat bzw. die 500 Meter, wenn 3 Windräder gebaut würden (mehr Anlagen machen mehr Lärm), sind unserer Meinung nach nicht ausreichend. Ein 300-Meter-Abstand ist schon deshalb zu wenig, weil die heutigen Anlagen so groß sind. Sie würden die Häuser in der Nachbarschaft erdrücken. Und bei 300 Metern werden die Lärmschutzwerte nicht eingehalten. Schon ein Windrad der heutigen Größe und Machart braucht einen Mindestabstand von 390 Metern. Für uns Grüne stellt sich die Frage, ob es möglich ist, mit größeren Abständen als den im Gutachten angenommenen die Lärmschutzverordnungen einzuhalten. Unter Berücksichtigung der optischen Nachbarschaft müsste der Mindestabstand jedenfalls schon einmal 450 Meter zu jeglicher Bebauung betragen, zu geschlossenen Siedlungen auch noch mehr. Übrig bleibt dann voraussichtlich (neben der vorhandenen in Greste) eine Fläche in Nienhagen, auf der eine Anlage entstehen könnte. Da der Rotmilan in Nienhagen brütet, kann dort zur Zeit nicht gebaut werden. Vollständig abgeschlossen ist der Diskussionsprozess für uns noch nicht. Wir müssen uns auch die Frage stellen, was passieren kann, wenn wir gar keine weitere Vorrangfläche ausweisen. Ist das womöglich anfechtbar? Könnte sich das als Bumerang erweisen und privaten Windkraftinvestoren die Möglichkeit geben, an allen möglichen Stellen in der Gemeinde – und dann nur unter Einhaltung der absoluten Minimalabstände – Windräder zu errichten? Das wollen wir auf gar keinen Fall. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand müssen wir eine Änderung des Flächennutzungsplanes schon allein deshalb angehen, damit ein solcher Wildwuchs verhindert wird. Dabei müssen wir uns die Zeit nehmen, alle Konsequenzen in Ruhe durchzugehen. Wir Grünen haben noch keine endgültige Position. Wir wollen die weiteren Vorschläge abwarten, die uns von der Verwaltung zur Änderung des Flächennutzungsplanes gemacht werden. Mehr dazu, wie die Grünen zu den Aussagen des vorliegenden Gutachtens stehen, hier: Abstand zur Wohnbebauung Vorweg: Wir finden es vertretbar, dass beim Suchverfahren nicht von vornherein mit Maximalabständen gearbeitet wurde. Die Mindestabstände werden in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich definiert, die Spannweite reicht da von 300 bis 1.000 Meter und mehr. NRW hat sich entschieden, keine generellen Festlegungen zu treffen, sondern den Einzelfall zu beurteilen. Basis dafür ist die technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (kurz: TA Lärm). In erster Linie den Lärm zur Grundlage zu nehmen und sich jeden Einzelfall anzusehen, finden wir prinzipiell erst mal ok, weil die Situation ja auch tatsächlich jeweils verschieden und nicht über einen Kamm zu scheren ist. Aus dem Windenergie-Gutachten ist aber auch klar geworden, dass Leopoldshöhe schon allein aufgrund seiner Siedlungsstruktur (viele einzelne Gehöfte und Kleinstansiedlungen) wenig geeignet ist für den Bau von Windkraftanlagen. Es stehen einfach überall Häuser, und damit sind die Schutzinteressen der Bewohner_innen berührt. Optische Nähe Ein Beurteilungsaspekt dabei ist die Nähe. Es ist darauf zu achten, dass kein Haus durch die Nähe zur Windkraftanlage erdrückt wird. Das ist bei den heutigen Windrädern ein großes und ernstzunehmendes Problem. Höhen von 150 Meter und mehr sind vielleicht (oder sicher sogar) super, um stetigen Wind zu haben, aber das sind kaum Dimensionen, die in unsere Landschaft passen. Und schon gar nicht in die Nähe von Wohnbebauung. Bezogen auf die angenommene Größe des Beispiel-Windrads im Gutachten (knapp 150 Meter Gesamthöhe) ist unser Standpunkt: Nein, 300 Meter Abstand zur Wohnbebauung sind nicht ausreichend. Dieser Abstand entspricht gerade einmal dem Doppelten der Höhe. Wie im Gutachten ausgeführt, gibt es einschlägige Gerichtsurteile, nach denen ein geringerer Abstand als die zweifache Höhe völlig unhaltbar ist, und ein Abstand zwischen zwei- und dreifacher Höhe immer noch als kritisch anzusehen. Erst ein Abstand, der der dreifachen Höhe und mehr entspricht, scheint einigermaßen ok zu sein. Nach unserem jetzigen Wissensstand meinen wir: Das sollten wir deshalb auch zur Richtschnur machen. Und da die Tendenz im Moment immer noch dahin geht, immer höhere Windräder zu bauen, sollten wir den Mindestabstand mit einer variablen Komponente definieren: „Der Mindestabstand zur Wohnbebauung muss mindestens 450 Meter, bei Windrädern ab einer Höhe von 150 Metern mindestens der dreifachen Höhe entsprechen“. Schattenwurf Schattenwurf auf Häuser durch rotierende Windräder ist inakzeptabel. Man muss aber auch sehen: Dies ist ein zeitlich begrenztes Problem. Schattenwurf ist vor allem im Winter, bei niedrigem Sonnenstand, ein Problem, und abends/morgens. Und dann muss auch noch die Sonne scheinen. Bei uns im Winter nicht gerade häufig der Fall, wie der letzte Winter besonders drastisch zeigt. Für Schattenwurf gibt es enge Grenzwerte. Er darf maximal 8 Stunden im Jahr betragen, darüber hinaus muss die Anlage abgeschaltet werden. Die entsprechende Technik zur Steuerung gibt es. Sollte tatsächlich ein Windrad geplant werden, wäre die Problematik des Schattenwurfs aber auf jeden Fall noch näher zu untersuchen, ganz konkret auf den Standort und die Lage der umliegenden Häuser bezogen. Lärm Am problematischsten sind aus unserer Sicht die Lärmauswirkungen. Für 1 Windkraftanlage errechnet sich aus der TA Lärm nach den gegebenen Richtwerten für Häuser im Außenbereich ein Mindestabstand von 390 Metern, für Siedlungsgebiete ein Abstand von 860 Metern. Bei diesem Abstand wird (bei durchschnittlicher Windgeschwindigkeit) die Lärmgrenze von 45 Dezibel (Außenbereich) bzw. 35 Dezibel (Siedlungen) in den Nachtstunden eingehalten. Allerdings wurden von den Gutachtern ja Flächen gesucht, die groß genug für mindestens 3 Windräder sind, weil das die Größenordnung ist, ab der (in der Regel, bisher) Vorrangflächen definiert werden können. Je mehr Anlagen, desto mehr Lärmentwicklung natürlich. Und entsprechend größer muss der Abstand zur Wohnbebauung werden. Im Gutachten wurden deshalb auch größere Mindestabstände als 390 Meter bestimmt: 500 Meter für einzelne Häuser und 1.100 Meter für Siedlungsflächen. Das Problem: Selbst diese Grenzen sind offensichtlich nicht ausreichend. Denn die Gutachter betonen, dass ein Betrieb ohne zusätzliche Maßnahmen zur Lärmreduzierung nicht möglich sein wird, weil sonst die Grenzwerte nicht einzuhalten sind. Übrigens, wir haben auch noch einmal nachgefragt: Unter einem „schalloptimierten Betrieb“ ist zu verstehen, dass die Anlage ab einer bestimmten Dezibelzahl abgeschaltet wird. In der Regel bedeutet das eine Abschaltung während der Nachtstunden, für die strengere Richtwerte gelten als tagsüber. Wenn daraus allerdings zu folgern ist, dass ansonsten diese Grenze immer überschritten wird, dann sind Windräder in der Nachbarschaft von Wohnbebauung aus unserer Sicht in diesem Abstand nicht möglich. Als Dauerbelastung halten wir 45 Dezibel nicht für zumutbar. Nach Kenntnis dieser Fakten ist es für uns auf jeden Fall ausgeschlossen, dass am Standort Nienhagen 3 Windräder entstehen. Und mehr sowieso nicht. Mehr als 3 Windräder hält übrigens auch der Gutachter für ausgeschlossen, das hat er auf unsere ausdrückliche Nachfrage hin ausgesagt. Für uns Grüne stellt sich die Frage, ob es möglich ist, mit größeren Abständen als den im Gutachten angenommenen die Lärmschutzverordnungen einzuhalten. Unter Berücksichtigung der optischen Nachbarschaft müsste der Mindestabstand jedenfalls schon einmal 450 Meter zu jeglicher Bebauung betragen. Dann wären auch die Lärmschutzwerte für Einzelhäuser erfüllt. Für Siedlungen müsste der Abstand noch größer sein. Ob dann überhaupt eine ausreichend große Fläche übrig bleibt, auf der auch nur eine neue Windkraftanlage entstehen könnte, ist fraglich. Für die Anlagenbetreiber wäre eine solche Beschränkung in der Zahl nach unserer Einschätzung und dem derzeitigem Stand der Technik vermutlich wirtschaftlich nicht atttraktiv – aber ausschlaggebend ist hier der ausreichende Bevölkerungsschutz, und nicht die wirtschaftlichen Interessen Einzelner. Das gilt für jeden Standort – auch für Greste. Die jetzigen Windräder haben die Mindestanforderungen zu erfüllen, was den Lärmschutz betrifft, das ist klar. Ist das gewährleistet (und sei es durch Teil-Abschaltungen), genießen sie Bestandsschutz, solange sie in der jetzigen Form betrieben werden. Zwei der Anlagen sind noch gar nicht so alt, so schnell wird man sie nicht ersetzen. Aber eins ist klar: Falls in Zukunft ein „Re-Powering“ der dortigen Anlagen geplant ist, dürfen dort keine anderen Kriterien gelten als für andere Standorte. Naturschutz Der Naturschutz hat für uns Grüne einen hohen Stellenwert. Wir haben ohnehin wenige Areale von hoher ökologischer Güte in Leopoldshöhe, als Naturschutzgebiete sind nur der Heipker See und das Windwehetal ausgewiesen. Eine Beeinträchtigung von Naturschutzgebieten durch Windkraftanlagen ist aber sowieso gesetzlich verboten; hier müssen wir also vor allem darauf achten, dass die gesetzlichen Bestimmungen auch eingehalten werden. Artenschutz Auch hierzu gibt es ziemlich ausgearbeitete gesetzliche Bestimmungen, was die einzelnen Arten an Schutz brauchen (Abstände usw.). Wir verlassen uns auf die Kompetenz und die Erfahrungen, die dahinter stecken. Und – ehrlich gesagt – wir haben auch nicht das Fachwissen, um diese Bestimmungen widerlegen zu können. Aber wir haben dennoch eine Meinung, was die Anwendung auf die Leopoldshöher Situation betrifft. Insgesamt ist unser Eindruck, dass sich der Gutachter bemüht hat, Informationen zu gefährdeten Tierarten zu ermitteln und Gefährdungen darzustellen. Dazu haben nicht nur Begehungen stattgefunden (eine ein- oder zweimalige Begehung ist zur Beurteilung sicher nicht ausreichend), sondern es sind auch fundierte Statistiken ausgewertet worden. Wenn jemand tatsächlich ein Windrad bauen will, müssen aber noch genauere Untersuchungen erfolgen. Im Gutachten sind bisher nur bestimmte „windkraftrelevante Arten“ untersucht worden. Wir sehen bereits jetzt sehr große Probleme, was den Rotmilan betrifft. Bleibt es beim jetzigen Horst, dürfte sowieso nicht gebaut werden. Von einem Horst ist ein Abstand von 1.000 Metern einzuhalten. Das ist (zur Zeit) das k.o.-Kriterium für die eventuell in Frage kommenden Flächen in Nienhagen und Bexterhagen. Bezüglich Nienhagen meint der Gutachter allerdings, dass man einen Umsiedelungsversuch starten könne, weil dort bisher nur einmal genistet wurde (sind die Vögel bereits seit Jahren am gleichen Standort, ist so etwas wohl unmöglich). Er schlägt vor, eine Nisthilfe außerhalb des 1.000-Meter-Radius anzubringen, um dem Rotmilan den Umzug „schmackhaft“ zu machen. Diese Umsiedlungspläne erscheinen uns fragwürdig. 500 Meter weiter, und damit gerade an die Grenze, ab der ein Horst nicht mehr das k.o.-Kriterium für den Bau einer Windkraftanlage bedeutet? Hier teilen wir die Meinung des Gutachterbüros nicht. Wir sollten keine Umsiedlungsversuche starten. Denn wenn es so ist, dass der Norden von Leopoldshöhe gute Bedingungen für eine gefährdete Vogelart bietet, und das ist beim Rotmilan der Fall, dann müssen wir damit auch verantwortungsbewusst umgehen. Und das bedeutet: Auch keine Windkraftanlage in 1001 Metern Entfernung (auf Futtersuche haben die Tiere ohnehin einen viel größeren Radius als 1000 Meter). Und falls ein Bau konkret wird, müsste man die Abstände zu Natura-2000-Gebieten genau ansehen und noch mal hinterfragen: Denn erst ab einer Entfernung von 3.000 Metern sind „keinerlei negative Auswirkungen auf windkraftsensible Arten zu erwarten“ Bei 1.000 Metern Abstand, heißt es, „können negative Auswirkungen in der Regel ausgeschlossen werden“. Ein feiner Unterschied. Weitere Kriterien Es gibt noch etliche andere Kriterien, die abzuwägen sind, wenn man an den Bau neuer Windkraftanlagen denkt, zum Beispiel die Frage nach der Bedeutung von Landschaftsschutzgebieten und Erholungsgebieten. Die im Gutachten identifizierten potenziell (bedingt) geeigneten Flächen Nienhagen, Bexterhagen und die bereits bestehende Fläche in Greste sind reine Ackerflächen. Im Landschaftsplan sind fast alle Ackerflächen durchgängig in der Kategorie „Landschaftsschutzbiet I“, was bedeutet, dass dort nicht einfach so Veränderungen geschehen dürfen, nicht einfach gebaut werden kann. Das ist auch richtig so. Für die Errichtung von Windkraftanlagen würde eine solche Prüfung aber gemacht, und in Abwägung der Interessen hielten wir Grünen es für gerechtfertigt, auch in einem Landschaftsschutzgebiet der Kategorie I Windkraftanlagen zuzulassen – wenn die übrigen Faktoren passen. Und was den Erholungswert betrifft: Ein Gebiet hat unserer Meinung nach auch dann noch Erholungswert, wenn in der Nähe eine Windkraftanlage steht und wenn man – je nach Windstärke und Windrichtung – auch mal Geräusche hört. Wir haben da bereits Erfahrungen in Leopoldshöhe: Um die bestehenden Windkraftanlagen in Greste sind schließlich auch immer noch Radfahrer und Spaziergänger unterwegs. Sind Gebieten allerdings besondere Schutzfunktionen zugeschrieben worden (BSE-Bereiche, BSLE-Bereiche), dann müssen sie unserer Meinung nach auch besonderen Schutz erfahren, sie dürfen nicht direkt betroffen sein. Da sollte man auch keine Ausnahme für „kleine Eckchen“ machen. Konsequenzen Wir haben unser Fazit vorne genannt: Wir fänden es schon gut, einen eigenen Beitrag zur alternativen Energieerzeugung zu leisten – aber wir wollen das auch nicht um jeden Preis. Und es sieht (leider) so aus, dass in Leopoldshöhe für weitere Windräder keine Flächen in Frage kommen, jedenfalls nach dem heutigen Stand der Anlagentechnik mit den riesigen Masten und vertikalen Rotoren, und unter Berücksichtigung der Naturschutzbelange. Die Rahmenbedingungen sind ungünstig.